JOHN TAYLOR

Ehemaliger Präsident von PlasticsEurope, Verband der europäischen Kunststofferzeuger; betont die zahlreichen positiven Beiträge, die Kunststoff während seines gesamten Lebenszyklus’ für die Gesellschaft erbringt.
PlasticsEurope ist einer der führenden europäischen Wirtschaftsverbände. Der Verband unterhält Zentren in Brüssel, Frankfurt, London, Madrid, Mailand und Paris und kooperiert eng mit anderen europäischen und nationalen Kunststoffverbänden. Mehr als 100 Mitgliedsunternehmen produzieren mehr als 90 Prozent der Kunststoffe in den 28 EU-Mitgliedsstaaten und Norwegen, der Schweiz und der Türkei.
Philosophie von PlasticsEurope: Die europäische Kunststoff-Industrie leistet einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand in Europa, indem sie Innovationen Realität werden lässt, die Lebensqualität verbessert und Ressourceneffizienz und Klimaschutz ermöglicht. Mehr als 1,6 Millionen Menschen arbeiten in mehr als 50.000 Unternehmen der Kunststoff-Industrie (bei der Verarbeitung meist kleine bis mittelständische Betriebe) und erwirtschaften einen Umsatz von über 300 Milliarden Euro im Jahr.
PATRICIA HUNT

Die renommierte Genforscherin Patricia Hunt wirkt an der Case Western University, Cleveland, Ohio. 2003 gelang es ihrem Forscherteam erstmals, durch Untersuchungen an Mäusen nachzuweisen, dass die Verabreichung von BPA selbst in niedrigen Dosen bereits erbgutschädigend wirken und zum Beispiel das bekannte Down-Syndrom verursachen kann.
Durch reinen Zufall stieß die Molekularbiologin 1998 auf die Gefahren der weit verbreiteten Industriechemikalie Bisphenol A: Forscher der Case Western University hatten Plastikkäfige und Plastikwasserflaschen von Labormäusen mit einem scharfen Reinigungsmittel behandelt. Plötzlich kam es zu einem sprunghaften und unerklärlichen Anstieg an Fehlsegregationen unter den Mäusen. Diese gravierenden Erbgutstörungen konnte Patricia Hunt schließlich mit der Anschaffung neuer Käfige korrelieren. Die Käfige und die darauf montierten Wasserflaschen enthielten Polycarbonat, das bei Beschädigung – z.B. wenn Mäuse daran knabbern oder aggressive Reinigungsmittel eingesetzt werden – Bisphenol A freisetzt. BPA konnte durch Patricia Hunt eindeutig als der Stoff identifiziert werden, der diese Chromosomfehlverteilungen auslöste. Weitere Tests des Forscherteams ergaben, dass Chromosomenschäden an Mäuseweibchen über Generationen hinweg wirken. Bisphenol A könnte in gleicher Weise auch die Entwicklung menschlicher Eizellen stören, befürchtet die Forscherin. Die von ihr beobachteten Chromosomendefekte spielen bei Fehlgeburten eine Rolle, Extrachromosomen sind die Ursache von genetisch bedingten Krankheiten wie dem Down-Syndrom.
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THEO COLBORN

Theo Colborn (1927-2014) erlangte weltweiten Ruhm mit ihrem Buch „Our Stolen Future. How We Are Threatening Our Fertility, Intelligence and Survival.“
Sie war Professorin der Zoologie an der Universität von Florida, Gainesville und Präsidentin von „The Endocrine Disruption Exchange“ (TEDX) und hatte ein großes Netzwerk renommierter WissenschaftlerInnen um sich aufgebaut. Colborn untersuchte die Auswirkungen der Umwelt auf die Gesundheit und ist bekannt für ihre Studien über die gesundheitlichen Effekte von Chemikalien, die Störungen des Hormonsystems verursachen.
Schon während der Vorbereitung zum Film stand Theo Colborn dem "Plastic Planet"-Team stets mit Rat und Tat zur Seite. Sie versorgte Boote immer mit neuesten internationalen Studien und wollte die Fertigstellung des Films mit allen Mitteln noch miterleben. Theo Colborn konnte zwar nicht mehr bei der Weltpremiere dabei sein, war aber eine der ersten Personen, die den fertigen Film vorgeführt bekam.
KURT SCHEIDL
Der österreichische Umweltanalytiker Kurt Scheidl (links im Bild) testet die aufblasbare Weltkugel aus Plastik, die Werner Boote im Film um die ganze Welt begleitet, auf ihre potentiell gefährlichen Inhaltsstoffe. Fazit: das vermeintlich harmlose Kinderspielzeug und Symbol für unseren Planeten enthält Giftstoffe. Der in China produzierte Plastikglobus (siehe Filmaufnahmen von Werner Boote in der Fabrik Qinxu in Shanghai) dürfte in dieser seiner chemischen Zusammensetzung nicht auf dem Markt sein.
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FRED VOM SAAL

Der Biologe Frederick vom Saal untersucht die Einflüsse von natürlichen und synthetischen Hormonen und zählt heute zu den renommiertesten Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Endokrinologie. Vom Saal gilt als wortführender Kritiker von Bisphenol A, eine der wichtigsten und meistproduzierten Chemikalie der Welt. Drei Millionen Tonnen werden davon jährlich produziert mit einem Umsatz in Milliardenhöhe. (Als Grundstoff zur Herstellung von Polykarbonat-Kunststoffen und Kunstharzen ist BPA allgegenwärtig: es steckt in Autoteilen, Baustoffen, CDs, Zahnfüllungen, Lebensmittelverpackungen und Babyfläschchen. Aber es entweicht auch in die Umwelt, gelangt etwa ins Grundwasser oder in den Hausstaub.) Seit Jahrzehnten ist die hormonelle Wirkung von Bisphenol A bekannt – weniger bekannt ist bisher aber die gesundheitsschädigende Wirkung, die bereits ganz geringe Dosen der Chemikalie verursachen können. Seit 1995 finden vom Saals Untersuchungen Hinweise darauf, dass BPA bereits in minimalen Dosen die Spermienproduktion verringert, die Entwicklung des Gehirns beeinflusst, das Gewicht der Prostata erhöht oder Veränderungen des Erbguts bewirkt, deren Auswirkungen sich erst nach Generationen zeigen. Diese endokrinologische Realität widerspricht einer der ältesten Grundsätze toxikologischer Forschungen, der seit dem 16. Jahrhundert unbestritten ist: Die Dosis macht das Gift. Fred vom Saal stellt in seine Studien eindrucksvoll unter Beweis, dass Paracelsus’ Theorie hier nicht anwendbar ist, und spaltet damit die Wissenschaft.
Weltweite mediale Aufmerksamkeit erlangte vom Saal nicht allein auf Grund seiner bemerkenswerten Forschungsergebnisse, sondern auch durch seine scharfe Kritik an namhaften Chemiekonzernen, die er beschuldigt, Studienergebnisse gezielt zu manipulieren. Um dies zu beweisen, prüfte vom Saal insgesamt 163 Niedrigdosis-Studien, die bis November 2006 veröffentlicht worden waren. Dabei stellte er fest, dass 138 der 152 öffentlich finanzierten Studien auf Schäden hinweisen, während sämtliche elf industriell gesponserten Studien keine Hinweise auf Schäden fanden. Er zeigt auf, wie sich mit subtilen Tricks die Resultate von Untersuchungen in gewünschte Richtungen lenken lassen und polarisiert mit Aussagen wie „Das Resultat einer Studie hängt offenbar davon ab, wer sie bezahlt.“
Fred vom Saal war einer der wenigen Wissenschaftler, der auch die weltweit wichtigsten Studien seiner Kollegen zum Thema Kunststoffe sammelte und aufbewahrte. Viele davon stellte er dem "Plastic Planet"-Team für die Recherche und Auswertung zur Verfügung.
Fred vom Saal lehrt und forscht gegenwärtig an der Universität von Missouri, USA.
CHARLES MOORE

Der Kapitän und wohlhabende Erbe eines US-Ölunternehmens Charles Moore entdeckte 1994 das so genannte „North Pacific Gyre", einen tausende von Kilometern großen Plastikmüllteppich im Nordpazifik, etwa 1600 Kilometer vor der Küste Kaliforniens. Moore gründete daraufhin die Algalita Marine Research Stiftung, um das Phänomen zu erforschen. Er schätzt, dass die große Pazifische Müllhalde heute aus 100 Millionen Tonnen Treibgut besteht. Weiters konnte Moore feststellen, dass Müll, der vom Nordpazifikwirbel erfasst wird, bis zu 16 Jahre lang in diesem Gebiet bleibt. Moore bemerkt außerdem, dass bis zu sechs Kilogramm Plastikabfall dort auf einen Kilogramm natürlich vorkommenden Planktons kommen. Laut UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, sind 90 Prozent des gesamten Ozeanmülls Plastik; auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche befinden sich 18.000 Plastikteile. Außerdem ist Plastikmüll, der von Tieren oft für Nahrung gehalten wird, für den Tod von über einer Million Seevögeln und von über 100.000 Meeressäugern verantwortlich, schätzt das UNEP. Der subtropische Wirbel des Nordpazifiks durchmisst eine weite Strecke, das Wasser fließt dort in einer langsamen Spirale im Uhrzeigersinn. Dadurch, dass die Winde schwach sind, treibt die Strömung alle schwimmenden Stoffe ins Zentrum des Wirbels, so dass der Kunststoffunrat nicht an Land gespült werden kann. Verheerende gesundheitliche Folgen könnte die Müllsuppe auch für Menschen haben. Das Plastikgranulat fungiert als "chemischer Schwamm" für Pestizide und andere Schadstoffe, die so in die Nahrungskette gelangen. "Was in den Ozean kommt, kommt in die Tiere und am Ende wieder auf unsere Tische" sagt Moore.
Heute gilt Moore nicht nur als Entdecker des Plastikmüllstrudels sondern ist gern gesehener Gast in TV-Talkshows (zum Beispiel Late Night Show mit David Letterman)
MARGOT WALLSTRÖM

Zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen war Margot Wallström Vizepräsidentin der europäischen Kommission und als Kommissarin für institutionelle Beziehungen und Kommunikationsstrategien zuständig.
Als hochrangige Politikerin und Wegbereiterin für die innovativste Chemikaliengesetzgebung auf europäischer Ebene (REACH) sorgte sie für die Grundsteine der Chemikalienrichtlinien weltweit. Im Film erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen als Umweltministerin und schildert den Widerstand der Kunststofferzeuger gegen REACH. Im Zuge dessen bezeugt sie den massiven Einfluss, den Lobbyisten der Chemieindustrie in Brüssel auf Politiker ausüben.
Als Umweltministerin in der Kommission Prodi (1999-2004) bewirkte Margot Wallström das größte Gesetzesvorhaben in der Geschichte der EU: REACH, die weltweit erste umfassende Chemikalienrichtlinie.
Das Acronym REACH steht für Registrierung, Evaluierung, Autorisierung und Beschränkung von Chemikalien. Diese neue EU-Verordnung harmonisiert und erneuert die bisherige Chemikaliengesetzgebung mit dem Ziel, den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu verbessern. Ein wesentlicher Unterschied zum System davor ist, dass die Bewertung der Risiken von Chemikalien nicht wie bisher von den Behörden, sondern von der Industrie durchgeführt wird und somit die Industrie die Verantwortung für die sichere Anwendung von Chemikalien übernimmt. Damit findet ein Paradigmenwechsel in der Chemikalienregulation statt. Bisher mussten die Behörden nachweisen, dass eine Chemikalie gefährlich ist. Nun muss die Industrie nachweisen, dass die Anwendung ihrer Chemikalien ungefährlich ist. Noch steht REACH am Anfang, aber nach einer Übergangsphase von 11 Jahren sollen die notwendigen Informationen für sichere Produkte und sichere Anwendungen für alle Industriechemikalien zugänglich sein. Mit Inkrafttreten der REACH- Verordnung am 1. Juni 2007 in Helsinki wurde ebenfalls die Europäische Chemikalienagentur eröffnet. Hier wird die Chemikalienregulation koordiniert.
Seit 2014 ist Margot Wallström Außenministerin von Schweden.
Hier können Sie das Interview mit Margot Wallström in "Plastic Planet" ansehen.